Öl-Lexikon

Moderne Motorenöle basieren je nach ihrer Art und Leistungsfähigkeit auf unterschiedlichen Basisölen oder auf den sich daraus ergebenden Basisölmischungen. Zusätzlich werden Additive eingesetzt, die unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen. Nur eine ausgewogene Formulierung (Basisöl und Additivkomponenten) ergibt ein leistungsstarkes Motorenöl.

AUFBAU EINES TYPISCHEN MEHRBEREICHS-MOTORENÖLES

  • 78% aus Basisöl
  • 10% Viskositätsindex-Verbesserern
  • 3% Detergenten
  • 5% Dispersanten
  • 1% Verschleißschutz
  • 3% sonstigen Bestandteilen

 

BASISÖLE

Die eingesetzten Basisöle verleihen den Schmierstoffen grundlegende spezifische Eigenschaften, die sich in den Leistungen der Fertigprodukte deutlich bemerkbar machen.

  • Mineralöle: Kohlenwasserstoffverbindungen unterschiedlicher Form, Struktur, Art und Größe (VI: 80-95)
  • Hydrocracköle: Veredelte Mineralöle mit höherem Reinheitsgrad und verbesserter Molekülstruktur (VI: 130-140)
  • Polyalphaolefine (PAO's): Syntheseprodukte der Petrochemie - Chemisch konstruierte geradlinige Kohlenwaserstoffverbindungen (VI: 130-145)
  • Synthetische Ester: Chemisch hergestellte Verbindungen organischer Säuren mit Alkoholen, bestehend aus Molekülen mit definierter Form, Struktur, Art und Größe (VI: 140-180)

 

MINERALÖL-BASISCHES GRUNDÖL

Das Rohöl wird zuerst in einer atmosphärischen Destillation behandelt. Hierbei entsteht Ethylen, Grundbaustein zur Herstellung von Polyalphaolefinen (PAO). Der nächste Bearbeitungsschritt ist eine Vakuumdestillation, der anschließend die Raffination folgt. Im folgenden Schritt werden unerwünschte Paraffine entfernt. In speziellen Fällen wird eine abschließende Wasserstoffbehandlung durchgeführt, bevor das Mineralöl als Endprodukt gewonnen wird. Bitte klicken Sie auf die Grafik für eine vergrößerte Darstellung.

 

HYDROCRACKÖLE

Ausgangsprodukt sind die langkettigen (festen) Normalparaffine aus der Entparaffinierung von Raffinaten. Die Paraffinmoleküle werden in besonderen Crackanlagen in einer Wasserstoffatmosphäre im Beisein spezieller Katalysatoren in kürzere Schmierstoffmoleküle zerbrochen (gecrackt). Hierbei fallen verfahrensbedingt überwiegend Isoparaffine (verzweigte Kohlenwasserstoffketten) an. In einer anschließenden Vakuumdestillation werden sie nach Viskositäten getrennt und die noch verbleibenen Normalparaffine (unverzweigte Kohlenwasserstoffketten) in einer nachgeschalteten Entparaffinierung entfernt. Die derart hergestellten Öle sind hoch isoparaffin-haltig und weisen deutlich einheitliche Molekülstrukturen auf.

POLYALPHAOLEFINE

Polyalphaolefine oder kurz PAO's werden aus Ethylen als Grundbaustein in einem chemischen Prozess synthetisiert. Die aus diesem Prozess resultierenden Kohlen- wasserstoffverbindungen weisen eine definierte Molekülstruktur auf.

 

SYNTHETISCHE ESTER

Synthetische Ester sind chemisch hergestellte Verbindungen aus organischen Säuren und Alkoholen. Je nach gewünschter Eigenschaft des Esters können definierte Molekülstrukturen synthetisiert werden. Sehen Sie hier die allgemeine chemische Formel der Reaktion von Säure und Alkohol zu Ester und Wasser sowie umgekehrt.

 

ADDITIVE

Bei Additiven handelt es sich um öllösliche Zusätze bzw. Wirkstoffe, die den angesprochenen Basisölen zugegeben werden. Sie verändern oder verbessern durch chemische und/oder physikalische Wirkung die Eigenschaften der Schmierstoffe.

Chemisch wirkende Additive :

  • Detergentien
  • Dispersanten
  • Antioxidantien
  • Verschleißschutzadditive
  • Korrosionsinhibitoren


Physikalisch wirkende Additive :

  • VI-Verbesserer
  • Antischaumzusätze
  • Pourpoint-Verbesserer
  • Friction Modifier (Reibkraftminderer)

Detergentien

Detergentien sind waschaktive Substanzen, die der Bildung von Ablagerungen an thermisch belasteten Bauteilen entgegenwirken. Sie halten den Motor sauber. Darüber hinaus bilden sie die alkalische Reserve im Motorenöl, d.h. saure Reaktionsprodukte aus der Verbrennung werden neutralisiert.


Dispersanten

Die Aufgabe der Dispersanten ist es, feste und flüssige Verunreinigungen, die über den Motorbetrieb in das Öl eingetragen werden, zu umhüllen und fein verteilt in Schwebe zu halten. Dadurch werden Ablagerungen im Motor verhindert. Man unterscheidet dabei zwischen den folgenden Wirkprozessen: 


Peptisierung

Hierunter versteht man das Umhüllen und in Schwebe halten von festen Verunreinigungen im Öl, wie z.B. Staub, Reaktionsprodukte aus der Verbrennung oder Alterungsprodukte des Öles. 


Solubilisierung 

Unter Solubilisierung versteht man das Umhüllen und in Schwebe halten von flüssigen Verunreinigungen im Öl, wie z.B. Kondenswasser oder auch Säuren, die bei der motorischen Verbrennung entstehen. 

 Schmieröle neigen unter dem Einfluß von Wärme und Sauerstoff zur Oxidation (Alterung). Beschleunigt wird dieser Zersetzungsprozeß durch saure Reaktionsprodukte aus der Verbrennung und Spuren von Metallen, die katalytisch wirken (abrasiver- oder korrosiver Verschleiß). Die Zugabe von Antioxidantien ergibt einen wesentlich verbesserten Alterungsschutz. Sie können den Alterungsprozeß nicht verhindern, jedoch verlangsamen. Zähflüssiges und dunkles Altöl 

  
Oxidation  

Bei der Ölalterung bilden sich Säuren sowie lack-, harz- und schlammartige Ablagerungen, die größtenteils ölunlöslich sind, wie z.B. Ölkohle. Alterungsschutzstoffe können auf drei Arten wirken:

Radikalfänger (primäre Alterungsstoffe): Radikale sind Kohlenwasserstoffketten, an denen durch Kettenbruch oder Herausreißen von H-Atomen freie Valenzen entstanden sind. Hier lagert sich sofort Sauerstoff an (Oxidation). Radikalfänger sättigen (reparieren) die "Lücke" durch Wasserstoffübertragung vom Additiv auf die freie Valenz.

Peroxidzersetzer (sekundäre Alterungsschutzstoffe): Diese wirken erst, wenn sich bereits Alterungsstoffe (Sauerstoffverbindungen) gebildet haben. Sie wirken "sauerstoffentziehend" und bilden unschädliche Verbindungen.

Passivatoren / Metall-Ionen Desaktivatoren: Sie führen zum Passivieren von Eisen- und Kupferpartikeln und damit zur Beendigung bzw. Abschwächung der katalytischen Einwirkungen dieser Metalle auf den Alterungsprozeß. Sie "umkrallen" die Metall-Ionen im Öl, so daß diese praktisch keine katalytische Aktivität mehr besitzen.

 
Verschleißschutz-Additive

Durch geeignete Additive kann man auf Gleitflächen äußerst dünne Schichten aufbauen, deren Scherfestigkeit wesentlich geringer als die der Metalle ist. Sie ist unter normalen Bedingungen fest, unter Verschleißbedingungen (Druck, Temperatur) jedoch gleitfähig. So wird ein übermäßiger Verschleiß (Fressen bzw. Verschweißen) verhindert. Bei Bedarf (Metall/Metall-Kontakt) werden die Schichten durch eine chemische Reaktion ständig neu gebildet. 

 
Extreme Pressure und Antiwear (EP / AW) Additive  

Das älteste EP-Additiv ist reiner Schwefel. EP/AW-Additive sind grenzflächenaktive Stoffe und können in der polaren Gruppe u.a. die Elemente Zink, Phosphor und Schwefel in verschiedenen Kombinationen enthalten. Der bekannteste Vertreter dieser Art ist das Zinkdithiophosphat - ZDDP-, das zusätzlich noch als Alterungs- und Korrosionsschutzadditiv wirkt. Schematische Darstellung von Reibungsprozessen im Motor 

 
Wirkung von Antiverschleißzusatz - ZDDP  

In der Anfahrphase der Motoren liegt der Zustand der Mischreibung vor (Übergang zwischen Gleit- und Haftreibung). Dort, wo ein Metall/Metall-Kontakt vorliegt, entsteht Wärme. Die Zink-/Phosphorverbindung reagiert an der Oberfläche und bildet eine zusätzliche, vor Verschleiß schützende Schicht.

 
Korrosionsschutz-Additiv

Korrosion ist allgemein der chemische oder elektrochemische Angriff auf Metalloberflächen. Für den Korrosionsschutz eignen sich bevorzugt grenzflächenaktive Additive, die sowohl aschefrei als auch aschegebend sein können. Die polare Gruppe lagert sich an Metalloberflächen an, der Alkylrest bildet dichte, pelzartige, hydrophobe (wasserfeindliche) Barrieren. Aufgrund ihrer polaren Struktur stehen die Korrosionsschutzadditive im Wettbewerb mit EP/AW - Additiven, d.h. sie können deren Wirksamkeit beeinträchtigen.

VI - Verbesserer

Der Einsatz von VI-Verbesserern (VI = Viskositätsindex [/]) ermöglicht die Herstellung von Mehrbereichs-Motorenölen. VI-Verbesserer erhöhen bzw. strecken die Viskosität eines Öles und verbessern somit das Viskositäts - Temperatur - Verhalten. Sie sind bildlich gesprochen sehr lange, faserförmige Moleküle, die im kalten Zustand zusammengeknäult im Öl vorliegen und hier der Bewegung der Ölmoleküle einen relativ geringen Widerstand entgegensetzen. Mit zunehmender Temperatur entknäulen sie sich, nehmen ein größeres Volumen ein und bilden ein Netz von Maschen, das die Bewegung der Ölmoleküle bremst und ein zu schnelles "Ausdünnen" des Öles verzögert. VI-Verbesserer vor Scherung (lang, links) und nach Scherung (kurz, rechts)

VI - Verbesserer / Scherung Unter Belastung können VI-Verbesserer geschert werden, d.h. die langen Moleküle werden regelrecht zerrissen. Dies ist mit einem Viskositätsverlust verbunden. Der Viskositätsverlust ist irreversibel und man spricht in diesem Zusammenhang von einer permanenten Scherung. Die zerrissenen Moleküle nehmen ein geringeres Volumen ein und haben damit eine geringere eindickende Wirkung. Die Scherstabilität eines Schmierstoffes wird im wesentlichen durch die Qualität des VI-Verbesserers bestimmt. Hohe Scherbelastungen liegen z.B. im Kolbenringbereich vor (hohe Drehzahlen, Gleitgeschwindigkeiten, Drücke und Temperaturen).

 

Antischaum-Additive

Polysilikone (Silikonpolymerisate), Polyethylenglykolether u. a. verringern die Schaumneigung eines Öles. Dies wird erreicht, indem grundsätzlich weniger Gase (Luft und Verbrennungsgase) im Öl eingeschlossen werden. Zum anderen können eingeschlossene Gase schneller aus dem Öl entweichen. Die Schaumbildung beeinträchtigt die Schmierstoffeigenschaften (Oxidation, Druckverhalten) eines Schmierstoffes erheblich.

Ein Schmierstoff mit schlechtem Schaumverhalten, kann zu deutlich höheren Öltemperaturen, Verschleiß und Hydrostößelklappern führen.

 

Pourpoint-Verbesserer

Der Pourpoint bezeichnet die Tieftemperatur in Grad Celsius, wo das Öl gerade noch fließt. Das "Stocken" eines Öles wird durch die Kristallisation der im Grundöl vorhandenen Paraffine bei tiefen Temperaturen bestimmt. Durch Zugabe von Pourpoint-Erniedrigern wird die Kristallisation der Paraffine verzögert und das Tieftemperaturverhalten der Öle verbessert.

Friction Modifier (Reibkraftminderer)

Reibungssenkende Additive, sogenannte Friction Modifier, können nur im Bereich der Mischreibung wirken. Diese Wirkstoffe bilden auf den Oberflächen pelzartige Filme (physikalischer Vorgang), die Metalloberflächen voneinander trennen können. F. M. sind sehr polar, d.h. es besteht eine hohe Affinität zur Oberfläche verbunden mit reibungsvermindernden Eigenschaften